„Gesichtsroller frisch aus dem Kühlschrank!“
Tennisrock über Stoffhose, auffällige Sonnenbrillen, knallige Farben: Du hast einen sehr eigenen Look. Seit wann interessierst du dich für Mode?
Schon ewig! Die meisten Jungs im Alter von acht oder neun Jahren gehen raus und spielen Fußball. Ich habe Kleider entworfen und mir sogar Bücher besorgt, um zu lernen, wie man zeichnet. Meine Mutter hat sich regelmäßig beschwert, weil ich so viel Papier für meine Skizzen verbraucht habe.
Wann ist dein Modeinteresse vom Papier auf dich selbst übergegangen?
Kurz vor der Oberstufe fing es an, dass ich mir Gedanken über mein Aussehen gemacht habe. Es begann mit einer Dandy-Phase, ich bin nur noch mit Anzug und Hemd zur Schule gegangen.
Wie würdest du deinen Stil heute bezeichnen?
Ich nenne das gerne “street-classy”, also eine Mischung aus schick und Street Style.
Make-up, viel Schmuck, auch mal einen Rock oder ein Kleid: Du spielst mit Gender-Stereotypen. Braucht es dafür Mut?
Früher vielleicht, aber je älter ich werde, desto freier und sicherer fühle ich mich. Wenn ich unterwegs bin und zum Beispiel etwas Pinkes trage, wird mir vor allem von Männern gesagt, dass ich mutig sei. Ich denke: Es gibt Menschen, die anderen das Leben retten, und du nennst mich mutig, weil ich Pink trage?
In den Sozialen Medien geht es oft um Körperideale. Was sagst du dazu?
Der Druck kommt nicht von individuellen Personen, sondern von der Modebranche. Vor ein paar Jahren war Plus-Size im Trend, das entwickelt sich gerade leider wieder zurück, die Models werden wieder dünner. Körper sollten keine Trends sein. Schönheit ist so individuell, da sollte es Platz für alle geben.
Wo lässt du dich inspirieren?
Überall! Auf der Straße, auf Social Media. Und nicht nur von Menschen, die mir ähnlich sind, sondern von allen – egal, welche Körperform, welches Geschlecht. Ich bin mit vielen Frauen aufgewachsen: Ich habe vier Schwestern und sechs Tanten. Die inspirieren mich und das sieht man auch. Wenn sich meine Schwestern etwas Neues kaufen, denke ich oft: ‘Nice, das können wir beide tragen.’
Als Creator nutzt du Social Media als Ausdrucksmittel. Hat das auch Schattenseiten?
Ich bekomme viele Hass-Kommentare und -Nachrichten, weil sich alle durch die Anonymität geschützt fühlen. Mittlerweile prallt das ziemlich an mir ab. Letztens hat jemand unter einem Video geschrieben, dass mein Stil nichts mit Mode zu tun hat. Er selbst hat auf seinem Profilbild stolz einen Fisch in die Höhe gehalten. Für mich gilt: Wenn mich manche Leute nicht gut finden, dann mache ich auch etwas richtig.
Du musst dir nicht nur bei Social Media, sondern auch im echten Leben oft Hass-Kommentare anhören. Trotzdem bleibst du sichtbar und laut. Warum?
Sonst hätten die negativen Stimmen gewonnen. Ich bin da pragmatisch: Ohne Schmerz kein Wachstum. Uns ist als Gesellschaft auf jeden Fall schon einiges an Fortschritt gelungen: Wir sind offener und auch sensibler, wenn es um Diskriminierung geht. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass wir auch weiterhin nicht stehen bleiben. Vor mir gab es viele großartige Menschen, die mir die Privilegien ermöglicht haben, die ich jetzt genieße. Und ich hoffe, dass ich anderen in Zukunft das Leben auch ein bisschen leichter machen kann, indem ich für mich einstehe – so wie ich bin.
Und wenn du doch mal aufgewühlt bist: Wie kommst du so richtig runter?
Ein Wort: Skincare. Ich stehe morgens und abends gerne mal eine Dreiviertelstunde im Bad. Ich mixe mir zum Beispiel meine eigene Hautcreme und schwöre auf Aloe-Vera-Gel für alles.
Ultimativer Beauty-Geheimtipp?
Toner in Sprühfläschchen umfüllen, so lässt sich das Produkt optimal verteilen und es ist super erfrischend. Und als Kick-Off für den Morgen: Gesichtsroller frisch aus dem Kühlschrank!
Und wie stylst du deinen Bart? Der hat ja extrem scharfe Kanten.
Für den bekomme ich tatsächlich oft Komplimente. Mein Geheimnis: Ein Augenbrauenrasierer für Frauen, so eine Klinge an einem Stab, damit kann man sehr gut definieren. Und nach dem Rasieren einen pflegenden Toner. Oft wird vergessen, dass unter den Haaren ja auch Haut ist, die gepflegt werden will.