Der dänische Modedesigner Henrik Vibskov hat einen sehr eigenen Zugang zu Schönheit. Provokant und mit hintersinnigem Humor unterläuft er Geschlechterrollen ebenso wie andere Klischees und vermeintliche Ideale. Ein Gespräch über Bärte, Frisuren und Schönheit.

„Ich finde alles schön, was die Ordnung stört“

Ihre Shows sind bekannt für ihr diverses Casting. Was bedeutet Schönheit für Sie?

Ich finde alles schön, was die vermeintliche Ordnung stört: Narben und angeborene Unregelmäßigkeiten beispielsweise. Man könnte fast sagen, dass mein Schönheitsideal das Gegenteil des Gängigen ist.

Frisuren sind bei Ihren Schauen ein wichtiger Teil der Looks.

Alles, was sich um das Gesicht herum abspielt, ist ein Teil der Kommunikation. Daher lege ich viel Wert auf die Frisuren.

In Ihrer Kollektion für Frühjahr und Sommer 2022 war auch ein glatzköpfiges weibliches Model zu sehen.

Ein Cousin von mir hat dieselbe Erfahrung gemacht wie dieses Model. Mit 15 hat er alle Haare verloren und sein Selbstbewusstsein war zeitweilig sehr gering. Dabei ist es doch völlig ok, anders auszusehen. Das wollte ich damit zum Ausdruck bringen.

Sind Bärte beim Casting ein Thema?

Ich bin da offen. Wir hatten schon Modelle mit riesigen Bärten – und solche ganz ohne.

Hat der Bart in der Mode eine Bedeutung?

Ja, wie die Frisur kann ein Bart Autorität verleihen. Mein Bruder beispielsweise hat einen roten Wikinger-Vollbart. Das lässt ihn aussehen wie eine Mischung aus Pfarrer und Hells Angel. Jetzt, da er ein bisschen grau wird, überwiegt der Pfarrer.

Haben Sie ein Morgen- oder auch Schönheitsritual?

Ich nutze nur Wasser – und eine Spezialcreme gegen trockene Haut.

Und die Bartpflege?

Die muss vor allem schnell gehen – wie auch das Anziehen. Ich besitze zwei Sweatshirts, zwei Overalls, zwei paar Schuhe. Das zweite Paar habe ich gerade hier im Studio wiedergefunden.

Dieser Artikel ist zuerst im Herbst 2021 in der gedruckten Ausgabe von 30 Grad erschienen.